Wanderung zur Preikestolen Felskanzel in Norwegen

Preikestolen Felskanzel in Norwegen aus der Vogelperspektive
Der Preikestolen ist eine der Hauptattraktionen in Norwegen. Die Felskanzel schwebt 600 Meter senkrecht über dem Fjord. Eine fulminante Aussicht!

Einleitung

Im August ’15 startete ich meinen ersten Roadtrip. Gemeinsam mit einem Schulfreund ging es nach Südnorwegen. Einer unserer Must-Sees war dabei der Preikestolen. Diese Touristenattraktion besuchen pro Jahr mittlerweile mehr als 300.000 Menschen, jedoch wollten auch wir ihn uns nicht entgehen lassen. Standest du schonmal an einer Abbruchkante, die mehr als 600 Meter tief senkrecht in den Fjord abfällt? Wir bis dato nicht – und das wollten wir ändern. Begleite uns dabei, wie wir die Wanderung zum Preikestolen sowie die Landschaft drumherum am Vortag erleben. Viel Spaß mit dieser kleinen Geschichte!

Los gehts mit Stavanger

Nachdem mein Kumpel und ich am Tag nach der Fährüberfahrt das verschlafene aber wunderschöne Mandal erkundet haben, stand Stavanger als nächstes auf der Liste. Eine recht lange Fahrt später – und nach ersten Bekanntschaften mit dreispurigen Kreisverkehren – kamen wir endlich in Stavangers Innenstadt an. Zu unserer Linken der kleine See/Teich Breiavatnet, der wirklich schön anzusehen war und zu unserer Rechten recht schöne nordische Häuserzeilen.

„Sollen wir uns hier einen Parkplatz suchen?“ – „Ja, aber ich denke ein Parkhaus wird sinnvoller sein. Wie lange wollen wir denn überhaupt hier bleiben und was wollen wir machen?“ Mit dieser Frage zum Thema hielten wir an einem kleinen Platz auf einem Hügel und starrten denkend aus dem Auto.

Auf der anderen Seite des Platzes stand ein schwarzer Cadillac Escalade, der mit seinem Klische-Hiphop-Kappenträger-Fahrer etwas deplatziert zwischen den kleinen norwegischen Häuschen wirkte. In der Hoffnung, dass nicht gleich weitere schwarze Escalades vorfahren und ein Bandenkrieg rivalisierender Gangs ausgetragen wird, beobachteten wir den wahren Badass dieser Szenerie: Eine Silbermöwe. Wenn eine Silbermöwe einfach nur dasitzt, strahlt sie schon eine gewisse Bosshaftigkeit aus. Wenn sie dann jedoch noch herumstolziert und jeden Schnipsel auf dem Boden mit dieser unfassbaren Coolness auf Essbarkeit untersucht, dann weiß man: Das ist die Bossaura.

Oder doch ohne Stavanger

„Ja, was wollen wir hier eigentlich? Sollen wir nun einen Parkplatz suchen oder nicht? Und was machen wir dann hier? Langsam habe ich echt schon Hunger“, unterbrach ich die Stille. Die Minuten vergingen, und eigentlich saßen wir nur mehr oder weniger schweigend da und beobachteten die vorbeiziehenden Menschen. Und die stolzierende Möwe.

„Sollen wir fahren?“ – „Jo, lass abhauen. Dann haben wir wenigstens heute Abend mehr Zeit„. So lange die Anfahrt gedauert hat, so kurz blieben wird nur hier. Wir wollten in dieser Stadt einfach nichts unternehmen. Wir wollten in die Natur. Und so kam es, dass wir Stavanger wieder verließen ohne auch nur einen Fuß auf den Boden dieser Stadt gesetzt zu haben. Die erste Anekdote unserer Reise. 

Die Fähre von Lauvvik nach Oanes

Nachdem wir uns wieder durch die riesigen Kreisverkehre aus der Stadt kämpften und das System dahinter langsam klar wurde, fuhren wir Richtung Lauvvik, welches wir schneller erreichten als gedacht.

Einige Kronen leichter reihten wir uns in die Autoschlangen für die Fährüberfahrt nach Oanes ein. Nach kurzer Zeit kam noch eine kleine Kolonne bestehend aus drei schwarzen VW T5 und einem dunklen Golf mit Hannoveraner Kennzeichen an und reihte sich in der Schlange neben uns auf. So viel sei an dieser Stelle gesagt: Norwegen ist klein und dieses Grüppchen sollten wir nicht das letzte Mal während unseres Roadtrips sehen.

Die Fährfahrt war recht kurzweilig, aber interessant. Es war das erste Mal, dass wir auf unserer Route eine der Landstraßen-Verbindungsfähren nehmen mussten. Die Autokolonne nach Verlassen wollten wir uns jedoch sparen. Deshalb hielten wir an der ersten Gelegenheit für eine kurze Essenspause und konnten anschließend auf der nun freien Landstraße ganz nach unserem Tempo fahren. Weit ging es jedoch gar nicht. Der Preikestolen ist von Stavanger nur 70 Kilometer entfernt und da wir den Großteil schon hinter uns hatten, standen wir nach 20 Minuten an der Stichstraße, die hoch zum Parkplatz des Preikestolen führte. Irgendwo hier wollten wir unser Nachtlager für heute aufschlagen.

Camping am Preikestolen-Parkplatz verboten

Abgebogen auf die Straße, passiert man nach kurzer Zeit einen Campingplatz und daraufhin unzählige Parkverbots- und Campingverbotsschilder. Hmm. Ehrlich gesagt war unsere Idee aber auch ein wenig naiv. Als ob man irgendwo ganz nah an dem Ausgangspunkt einer dermaßen beliebten Wanderung campen dürfte. Deshalb erkundeten wir noch kurz die Parkmöglichkeiten und -kosten für den nächsten Tag und drehten wieder um zur Hauptstraße. 

Mein Kumpel studierte während der Abfahrt unsere Straßenkarte und ihm fielen zwei Inseln auf, die nur zwei bis drei Kilometer entfernt lagen. „Dort führt nur eine Straße hin. Es sollte sich ein Platz zum campen finden. Und außerdem könnte es dort ziemlich schön sein“, vermutete er überzeugt. Gesagt, getan: Wir nahmen Kurs auf die per Brücken mit dem Festland verbundenen Inseln Idsal und Idse. Und eines vorweg: Das war unserer nächster gutgläubig naive Einfall.

Abstecher auf die Inseln Idsal & Idse

Die Norweger sind nicht dumm. Die wissen natürlich auch, wo es schöne Flecken Land gibt. Dementsprechend fuhren wir über die schmale Straße und zur Wasserseite stand (Luxus-)Haus um (Luxus-)Haus und zur anderen Seite nichts anderes als Wald. Doch selbst hier auf dem engen Areal ist gleichzeitig noch genug Platz um die Häuser mit genügend Respektabstand zueinander zu errichten. Genauso habe ich mir Norwegen immer vorgestellt!

Das Wetter war noch immer perfekt und angenehm warm. Wir konnten mit geöffneten Fenstern der schmalen hügeligen und kurvigen Straße durch den Wald folgen und den kühlen Fahrtwind genießen. Auf den Inseln angekommen lichtete sich der Wald und man durchquerte kleine Siedlungen, in denen es an jeder Ecke jedmögliches Obst und Gemüse aus Holzkisten zu kaufen gab. Hätten wir nicht noch zig Tomaten aus Deutschland dabei, dann hätten wir bei den für Norwegen humanen Preisen hier ziemlich sicher zugegriffen.

Wieder ohne Übernachtungsplatz umkehren

Unsere Übernachtplatz-Suche endete vorerst an einem kleinen Dorf-Hafen in einer Sackgasse. Wir sind nun also bis zum Ende der Straße gefahren, haben aber keine Möglichkeit für einen Übernachtungsplatz gefunden. Auch als Autoreisende wollten wir uns an die Regeln des Jedermannsrechts halten und somit außerhalb der Sichtweite von Häusern stehen. Welch Murks, dass wir wieder auf Anhieb nichts passendes fanden. Wir waren enttäuscht und drehten um. 

Eine kleine Hoffnungen hatten wir jedoch noch: Auf dem Hinweg fielen uns einige Stellen auf, die eventuell geeignet sein könnten. Diese wollten wir nun anfahren und und genauer anschauen. Die Erste erreichten wir dabei relativ schnell. In einer Kurve – die um einen auf der Insel gelegenen See führte – war eine Lücke zwischen zwei Leitplanken. Dort hindurch konnte man an eine Stelle gelangen, auf der das Rangieren möglich war. Zudem führten von hier aus zwei Straßen weiter, die jedoch durch Baumstämme bewusst blockiert wurden. Den Spuren an diesem Ort und der näheren Umgebung nach wurde dieser Platz wohl auch schon von anderen als Camping- und Grillplatz genutzt. Schade, dass doch so viele Menschen ihren Müll zurücklassen.

Augenblick der Ruhe an einem See auf Idsal

Wir stellten den Vectra erst einmal ab und stiegen aus. Als Übernacht-Platz fiel dieser Ort schon jetzt aufgrund der vielen Mücken durch, für den Moment war er aber optimal. Ich schnappte mir meine Spiegelreflexkamera und wir gingen in Richtung des auf der anderen Straßenseite gelegenen Sees. Schuhe aus und langsam über die glitschigen Steine ins kühle Nass gestiegen. „Einfach herrlich. Und diese Ruhe hier ist phänomenal!“ Während uns die Bäume im Rücken Schatten spendeten und das Wasser die Füße kühlte, genossen wir diese ruhigen Minuten. Lediglich Blätterrascheln und ein paar Enten in der Ferne waren zu hören.

Ein kleiner See an einer ruhigen Strasse auf der Insel Idsal in Norwegen

Mein Kumpel ist verschwunden

Nachdem unsere Gemüter wieder mit Positivität aufgeladen waren, schlenderten wir zurück Richtung Auto. Oder besser: Mein Kumpel ging vor, während ich noch versuchte, das ein oder andere schöne Motiv einzufangen. Als ich ein paar Minuten später ebenfalls zum Auto kam, war mein Kumpel jedoch verschwunden. Ich rief zwei Mal nach ihm, bekam beide Male aber keine Antworte. Also entschloss ich mich, einem der beiden Wege zu folgen. Es sollte der linke werden. Ein großer Schritt über den Baumstamm und losspaziert. Schon nach der ersten Kurve fand ich die nächste Feuerstelle umkreist von Europaletten, die wohl als Sitzplätze dienten.

Der Weg führte einen kleinen Hügel hinauf und es wurde mit jedem Schritt feuchter und morastiger. Auf der Kuppe des Hügels endeten dann auch die großen Steine / Felsen, von denen der Weg gesäumt war und ein Weiterkommen war vollkommen unmöglich. In dem Morast zwischen den Felsen versankt man umgehend und gnadenlos. Also wieder zurück zum Auto, wobei ich nach dem Weg hinauf deutlich trockenere Füße hatte als nach dem Weg wieder hinunter.

Gemeinsam im Unbekannten: Ein besonderer Gipfelmoment

Wieder beim Auto angekommen war mein Kumpel noch immer nicht da. Also kurz gelauscht und dann gerufen: Stille. Ein weiteres Mal gerufen: Noch immer Stille. Ein drittes Mal: ‚War da was? Ich glaube schon.‘ Ich ging diesmal den zweiten Weg entlang und rief nach ein paar Metern erneut. ‚Tatsache. Er ruft zurück, aber wie weit ist der Junge denn bitte gelaufen?‘ Der Weg begann wie schon der Erste sehr felsig, diesmal dagegen ohne den Morast und nach ein paar weiteren Metern stand man plötzlich in einem künstlich angelegten und trockenen Flussbett. So sah es zumindest aus. Überdies wohl eher ein Bach als ein Fluss.

Auch drumherum stand kaum mehr ein Baum. Hier war die Menschheit fleißig am trockenlegen. Das erklärte nun auch die wenigen zurückgelassenen Paletten und vielleicht auch die Feuerstellen. Immerhin sah es rundherum noch mehr oder weniger nach wirklicher Natur aus.

Als die Rufe lauter wurden, sah ich meinen Kumpel auch schon auf halber Höhe irgendwo im Gestrüp auf einem riesigen Felsen. “Komm her. Das ist echt schön”, rief er mir zu, während ich mich von Stein zu Stein durch hüfthohes Gras kämpfte und er wieder verschwand. Ohne mir groß Gedanken zu machen, wie wir da eigentlich wieder heile runter kommen, kletterte ich auch hinauf und kämpfte mich durch das Gestrüpp auf halber Höhe des typisch nordischen Felsens. Oben angekommen sah ich meinen Kumpel nur dasitzen und in die Ferne starren. 

Ich drehte mich um und sah nun das selbe: Einen wunderschönen Fernblick über die Umgebung, das Meer und es packte mich sofort. Und so saßen wir dann dort, auf einem Felsen mitten im nirgendwo, mit einem verzaubernden Weitblick und genossen die Stille und den Moment.

Felsige Natur in Norwegen.

Das Schönste auf Reisen ist spontanes Erkunden

Ich ließ nach einiger Zeit meinen Blick schweifen und mir fiel wieder die nähere Umgebung auf. Es dauerte nicht lange, bis ich mich aufmachte um den Felsen zu erkunden. Er war relativ uneben aber gleichzeitig rundgeschliffen ohne scharfe Kanten. In den Senken sammelte sich Erde und daher fanden sich alle möglichen Pflanzen in ihnen. Die bewachsenen Senken machten auch das Vorankommen stellenweise ziemlich schwierig, so waren diese doch aufgrund fehlender Abflussmöglichkeiten voller Wasser. Der ein oder andere beherzte Sprung war dabei durchaus von Nöten, das andauernde rumgehüpfe machte aber ordentlich Laune. Hier durfte Mann zum Kind werden. Und was vergessen Kinder gerne beim Spielen? Ganz genau: Die Zeit.

Gefühlte Stunden später & mehr oder weniger verletzungsfrei kämpften wir uns dann wieder vom Felsen zurück zum Auto und verließen die Inselstraße um unserem eigentlichen Missionsziel näher zu kommen: Einem Platz zum Übernachten.

Südnorwegen macht es uns nicht leicht einen Schlafplatz zu finden

Auf der Karte entdeckten wir ein weiteres Sträßchen, das im nächsten Ort entsprang und von dort Richtung Landesinnere führte. Unser Gespür sagte uns, dass wir dort mehr Erfolg haben werden, weshalb wir auch umgehend die Ortschaft aufsuchten und suchten… und suchten… und suchten. Doch wir fanden den Abzweig zu der Straße nicht! Kann es denn so schwer sein, einfach nur einen Platz zum campen zu finden? Die gute Laune wurde wieder strapaziert.

Uns kamen langsam erste Zweifel an unserer Idee, keine Campingplätze zu nutzen, jedoch wollten wir uns so schnell nicht geschlagen geben. Die Topographie machte uns jedoch wirklich zu schaffen, denn wenn man die Straßen am Fjord entlangfährt liegt links der Fjord und rechts quasi eine hunderte Meter hohe Steilwand. Immer! Überall! 

Nutzten wir eine der wenigen Möglichkeiten, die Serpentinen nach dort oben zu erklimmen, so wartete oben angekommen wieder „Flachland“ auf uns. Jedoch wurde dieses immer landwirtschaftlich genutzt oder war bewohnt. Und so dauerte es noch geschlagene anderthalb Stunden, bis wir einen Platz fanden, der sich offensichtlich nicht auf Privatgrund, in Sichtweite von Häusern oder direkt an der Straße befand. Kurz den schlammigen Weg auf ‚Untiefen‘ gecheckt und durch. “Hoffentlich regnet es heute Nacht nicht, denn sonst werden wir viel Spaß dabei haben hier wieder herauszukommen.”

Der Zeltaufbau ging diesmal schon deutlich schneller und war ohne Regen und mit etwas mehr Licht deutlich angenehmer, auch wenn es bereits anfing zu dämmern. Da der folgende Tag mit den Anstrengungen der Preikestolen-Wanderung auf uns warten sollte, entschlossen wir uns nach dem kurzen Mittagessen-Reste-Essen bereits früh zu Bett zu gehen. Um 7 Uhr sollte uns der Wecker wieder aus dem Zelt holen.

Heute wandern wir zum Preikestolen

Am nächsten Morgen stellte sich nach dem Öffnen der Augen sofort die Frage, ob es draußen bewölkt ist und wir somit eventuell einen Tag mit schlechtem Wetter erwischt haben oder die Sonne unser Zelt lediglich noch nicht erreicht hat, denn es kam uns innen etwas arg dunkel vor. Der erste Blick nach draußen zauberte uns beiden jedoch ein breites Grinsen ins Gesicht: Ein durch und durch blauer Himmel leuchtete über uns und die Sonne verzauberte die Hügel um uns herum. Nur unsere Senke schlummerte noch im Schatten. Wir standen auf, frühstückten während wir unser Mittagessen vorkochten und bereiteten uns auf unsere erste Wanderung vor. Noch schnell das Zelt abgebaut und schon standen wir ein paar Minuten später um Punkt 9 Uhr auf dem Parkplatz am Fuße des Preikestolen Wanderweges.

Fakten zur Preikestolen-Wanderung

Preikestolen bedeutet im norwegischen „Felskanzel“. Diesen Namen hat die natürlich entstandene Plattform von ihrer optischen Erscheinung. Die Felskanzel ist 25×25 Meter breit und fällt ganze 604 Meter senkrecht in den Lysefjord ab! Der Wanderweg ist von Parkplatz 1 aus 3,8 Kilometer lang und überwindet dabei einen Höhenunterschied von 350 Metern. Insgesamt musst du auf dem Hinweg durch das ständige Auf und Ab jedoch 500 Höhenmeter meistern. Ein durchschnittlicher Mensch schafft den Aufstieg locker in zwei Stunden, den Rückweg normalerweise etwas schneller. Insgesamt nimmt die Wanderung somit maximal 4 Stunden für knapp 7,5 Kilometer in Anspruch.

Unsere Preikestolen-Wanderung beginnt

Der Wanderweg beginnt recht sanft und führt über Fels und Stein durch die schöne Natur. Üppige Vegetation sorgt dabei für nötigen Schatten. Vegetation ist dabei ein guter Stichpunkt. Auf dem Weg zum ersten Anstieg und auch an ebendiesem spitzten wir unsere Ohren. Wir waren von einigen jungen Leuten umgeben, die Deutsch sprachen und wir erkannten ein Mädel davon wieder. Es waren die Hannoveraner, die am vorherigen Tage mit ihrer schwarzen Volkswagen-Kolonne die gleiche Fähre wie wir genommen hatten. Welch Zufall! Da zwei, drei Kleinstgruppen davon das gleiche Wandertempo wie wir hatten, bekamen wir immer wieder interessante Dinge zu hören, denn die Gruppe stellte sich als Studenten auf Exkursion heraus. Jeder hatte sein eigenes Fachgebiet und weiste das jeweilige Wandergrüppchen auf Besonderheiten in der Natur hin. Sie entdeckten immer wieder interessante Dinge. Dazugehörige Hintergrundinformationen durften natürlich nicht fehlen und ich war wirklich überrascht mit wie viel Begeisterung und Spaß die Studenten ihr Wissen preisgaben. “Siehst du diese Quarzadern?” und “Ist dir schon aufgefallen, wie sich die Vegetationszonen bereits geändert haben?” waren von da an Runnings Gags unserer Norwegen-Reise.

Blick in die Natur. Entfernt sieht man den Lysefjord, während im Vordergrund ein Mensch ins grüne verschwindet.

Fit sein schadet beim Wandern nicht

Ich sagte eben, dass die Studenten das selbe Tempo hatten wie wir: Das stimmt genau genommen nicht. Sie hatten das selbe Tempo wie ich, und das auch nur, weil sie ab und zu stehen blieben, um sich irgendwas anzuschauen oder mal kurz abseits des Weges liefen, krabbelten und erkundeten. Mein Kumpel wäre bereits nach 10 Minuten außer Sichtweite marschiert, wenn er nicht immer auf mich hätte warten müssen. Lediglich auf der Ebene konnte ich mithalten. Anstiege habe ich prinzipiell nach dem dritten Schritt verflucht, spätestens jedoch wenn der erste Rentner, das erste Kleinkind oder der erste Hund an mir vorbeizog. Eventuell sollte man etwas fitter auf Wanderschaft gehen als ich es damals war.

Die Preikestolen-Wanderung gilt als eine der einfachsten Wanderungen der norwegischen Sehenswürdigkeiten und daher sieht man hier auch Menschen von A bis Z. Von Kleinkindern bis zum Rentner, vom Europäer bis zum Asiaten, von etwas kräftigeren Menschen bis hin zu Sportlern, die nur in Sportbekleidung und mit einer 0,5L-Wasserflasche bewaffnet den Weg hochsprinten. Ja, die joggen tatsächlich zum Preikestolen! Da kommt kam ich mir dann nur noch langsamer vor.

Meine persönlichen Highlights der Preikestolen Wanderung

Ein erster Höhepunkt nach etwa einer Stunde der Wanderung ist der Blick auf den in der Weite erscheinenden Lysefjord. Man beendet gerade einen der Anstiege, ehe man endlich wieder auf der Sonnenseite des Hügels ankommt und das erste Mal eine wahnsinnige Aussicht genießen kann.

Ein weiteres Highlight ist die zweite Ebene. Diese ist sehr groß und wird ziemlich weitläufig, sodass sich die ganzen Wanderer darin verlieren und man wieder ein kleinwenig das Gefühl der norwegischen Einsamkeit spürt. Diese Ebene ist durchzogen von mehreren kleinen Tümpeln und Seen und wird von einigen Menschen als Übernachtungsebene genutzt. Sie wandern abends bis dorthin, bauen ihr Zelt windgeschützt an den kuriosesten Stellen auf (manchmal fragten wir uns, wie die dort überhaupt hingekommen sind) und gehen dann am nächsten Morgen den kurzen Weg zum Preikestolen, wenn dort noch nicht so viel los ist. Work smart not hard.

Auf dem Wanderweg zum Preikestolen wird eine weite Ebene durchquert.

Der Preikestolen ist zu Recht beliebt

Doch die eigentliche Attraktion ist und bleibt der Preikestolen. Dieser Moment, wenn man die letzten Meter absolviert, links von dir der Abgrund und der zum greifen Nahe & doch so ferne Fjord, rechts von dir weitere Felsformationen. Und plötzlich kannst du den ersten Blick auf diesen riesigen Block mit seinen klaren Linien und Kanten direkt vor dir werfen. Phänomenal! Das entschädigt in diesem Moment definitiv für sämtliche Strapazen.

Durch eine Pause, mein langsames Tempo und einige Umwege auf der großen Ebene brauchten wir knapp über zwei Stunden für den Weg nach oben. Als erstes gönnten wir uns dort jedoch nicht die Felskante, sondern eine Stärkung in Form unserer vorgekochten übersalzenen Reis-Kidneybohnen-Mais-Pampe. Mit vollem Magen noch fünf Minuten in der Sonne gedöst und dann erholt und konzentriert an die Felskante gewagt. Mein Körper ist dabei automatisch in den Überlebensmodus gegangen. Je näher ich der Kante kam, desto kleiner wurde der Abstand zwischen Boden und meinem Kopf. Erst ging ich in die Knie und mit jedem weiteren Meter ging mein Körper zu Boden, bis ich den letzten Meter schließlich kroch. Gänsehaut. Über die Kante schaute ich somit nur noch liegend. Habe ich schonmal erwähnt, dass dies ein phänomenaler Anblick von hier oben ist? 

Viele Touristen stehen auf dem Preikestolen und posieren für ein Foto.

Preikestolen aus der Vogelperspektive

Wo der 0815-Tourist sein obligatorisches 0815-Foto schießt und wieder den Rückweg antritt, gingen wir andere Wege, denn wir kamen nicht nach Norwegen um Foto-Trophäen zu sammeln. Deshalb brachen wir auf, um den Nebenhügel des Preikestolen zu besteigen und bestfalls einen Blick von oben auf ihn und die zerklüftete Umgebung zu werfen. Wir wurden nicht enttäuscht.

Das Gelände ist dort merklich schwieriger zu begehen, doch hat man definitiv einen noch besseren Blick und vor allem seine Ruhe. Das rege Treiben der vielen Menschen auf dem Preikestolen malt einem dann nur noch ein leichtes Schmunzeln ins Gesicht. Ich liebe es, aus der Ferne auf Menschenmassen zu blicken. Die vielen Individuen verschwimmen plötzlich in großen uniformen Masse. Wie eine Kolonie von Ameisen wirken sie von hier oben.

Überhalb des Preikestolen ist es ruhig und man hat einen atemberaubenden Blick auf den Lysefjord und zerklüftete Natur.

Spaßiger Abstieg und erfrischende Rast am See

Nach knapp einer Stunde dort oben traten wir den Rückweg an. Oder besser: Wir hüpften den Rückweg an. Die anderen Wanderer ungläubig links liegen gelassen und von Stein zu Stein ging es Meter um Meter zurück. Nicht nur, dass dies einen Heidenspaß machte: Nein, es war auch noch schnell und gefühlt nicht so anstrengend. Für den Rückweg brauchten wir daher nur eine geschlagene Stunde.

Am Auto angekommen packten wir unsere Rucksäcke weg und gingen noch runter zum See, dessen Wasser nach Aussage des Mädels im Info-Häuschens nicht so kalt sein solle. Nach norwegischen Maßstäben vielleicht. Und der Wind machte es auch nicht besser. Trotzdem genossen wir auch die Zeit am See, ehe wir uns aufmachten gen Forsand. Unser Programmpunkt für den nächsten Tag war nämlich eine weitere norwegische Sehenswürdigkeit: Kjerag, dass 40 Kilometer entfernt am anderen Ende des Lysefjords lag. Doch dafür mussten wir noch heute die Fähre erwischen, die in Forsand ablegt..

Davon erzähle ich euch hingegen ein anderes Mal.

Blick auf den See neben dem Preikestolen-Parkplatz.

Dir hat der Beitrag gefallen? Folge mir auf Instagram und sei live dabei, wenn ich auf meine nächste Reise aufbreche!

Schau auch hier vorbei:

Andere Beiträge:

Nach oben scrollen